Über Agnes, einen Roman von Peter Stamm
Ein Schweizer Journalist und Autor arbeitet in Chicago an einem Sachbuch über amerikanische Luxuseisenbahnwagen. In der Bibliothek begegnet er einer Physikstudentin, die eine Dissertation über Kristallgitter schreibt. Sie könnte fast seine Tochter sein. Die beiden verlieben sich. Neun Monate später ist Agnes tot. In dem Roman erinnert sich der Ich-Erzähler an die vergangenen Monate und versucht zu verstehen, was passiert ist.
Die Protagonisten sind beide Einzelgänger. Sie erzählen einander auch kaum über ihr bisheriges Leben, die Beziehung ist ziemlich alltäglich.
Der Schweizer hat früher versucht Belletristik zu schreiben, aber er ist gescheitert. Agnes will, dass er eine Geschichte über sie schreibt, damit sie weiß, was er von ihr hält. Erst als sie eine kleine Geschichte geschrieben hat, lässt er sich dazu herausfordern. Agnes versucht, die Geschichte zu steuern, und er bemerkt, dass sie sich an die Ereignisse ganz anders erinnern. Anfangs schreibt er pflichtmäßig und geistlos. Erst als er mit der Geschichte in der Gegenwart gelandet ist und anfängt, über die Zukunft zu schreiben, lässt er sich von seiner Faszination für Agnes mitreißen. Sie versucht, ihr erzähltes Leben genau nachzuleben. Sie zieht zu ihm, in das Hochhaus am Michigansee. Sie spazieren zusammen, machen einen Ausflug in einen Nationalpark wo Agnes über den Tod spricht und sich fragt, ob man im Park richtig verschwinden könne und sie schauen sich auf dem Dach des Hochhauses den Sternenhimmel an. Es ist kalt in Chicago. Das Leben und die Geschichte vermischen sich.
Eines Tages erzählt Agnes ihm, dass sie schwanger ist. Er will das Kind nicht, läuft einfach davon und sie zieht aus. Wieder alleine, schreibt er die Geschichte weiter, als wären sie noch zusammen und das Kind würde geboren. Er gibt dem Mädchen sogar einen Namen. Als eine Kollegin von Agnes ihn bittet, Agnes zu besuchen, weil es ihr schlecht gehe, zögert er, aber geht letztendlich hin. Agnes erzählt ihm, dass sie das Kind verloren hat.
Sie zieht wieder zu ihm und fordert ihn auf, dem Kind im Buch ein Leben zu geben. Er stimmt zu und hofft, dass es ihr helfen werde, ihr Leid zu verarbeiten. Sie lebt immer stärker mit dem Fiktionskind und kauft eines Tages sogar Kinderkleider. Dann wacht sie auf und versteht, dass sie in einer Lüge lebt. Erst jetzt erzählt sie ihm, dass sie früher sehr viel gelesen hat und eines Tages radikal damit aufgehört hat, als sie spürte, dass die Bücher zu viel Gewalt über sie ausübten.
Agnes zieht sich immer mehr in sich zurück. Es wird Weihnachten, sie feiern, die Fremdheit zwischen ihnen wächst. Agnes erkältet sich. Er schreibt die Geschichte zu Ende und erfährt erst dann, dass Agnes das nicht mehr möchte. Zu Silvester geht er alleine zu der Party einer Freundin. Als er morgens nach Hause kommt, ist Agnes weg. Auf seinem Bildschirm steht der Schluss seiner Geschichte, in dem Agnes zurückkehrt zu dem Platz im Nationalpark, wo sie zusammen mal eine Nacht verbracht haben. Sie legt sich im Schnee und eine glühende Wärme breitet sich in ihr aus. Ende. Er wartet zu Hause auf Agnes, aber sie kommt nicht zurück. Eine Geschichte hat sie getötet.</p